Um den Schlaf gebracht
Von Rabi Najara, 16. Jahrhundert — Übersetzung von Moxe
Mein Schlaf ist gestört –
gequält im Meer der Sehnsucht nach dir.
Und doch gedenke ich deiner:
mein Freund, mein Geliebter, mein Lob.
Wäre ich ein Neugeborenes,
und du meine Amme,
würde ich von deiner Brust trinken,
meinen inneren Durst stillen.
Mein großer Freund,
mein lobenswerter Geliebter.
Wäre ich ein Speer,
und du würdest die Herzen deiner Feinde durchbohren,
würde ich von ihrem Blut gesegnet.
Mein Freund, mein Geliebter.
Wäre ich ein Zelt,
und du würdest in mir wohnen,
würde uns Liebe liebkosen –
mit dem Alter nur stärker werden.
Mein Liebster,
die Schönheit meines Lobs.
Wäre ich eine Zunge,
und du der Körper,
würde ich mein brennendes Verlangen
mit Gesang und Melodie besänftigen.
Mein Geliebter, mein Lob.
Wäre ich ein Diener,
und du mein Herr,
würde ich mich danach sehnen, dir zu dienen –
ohne je nach Freiheit zu verlangen.
Ihre Hand zu berühren war Intimität.
Wir konnten nicht mehr dieselbe Sprache sprechen, und dort, wo Worte nicht hingelangen konnten, bewegte sich diese glasige, glänzende Haut wie eins über ein Netz aus violetten Adern. Die braunen Flecken verschoben sich, veränderten Form und Raum. Ich streichelte ihre Hand – manchmal sanft, manchmal mit Nachdruck – vom Handgelenk bis zur Fingerspitze. Es war nicht sexuell, und doch fehlten mir die Worte dafür. Sie ließ es zu. Sie gab sich hin.
Als wir uns das letzte Mal trafen, sah ich, wie sie sich einen Moment lang in diese Berührung hinein auflöste – und dann ihre Hand zurückzog. Da wusste ich: Sie hatte das Leben aufgegeben. Kurz darauf starb sie.
Jahre später erzählte mir ein weiser Freund von der Erotik in der jüdischen Tradition – zwischen dem Menschen und der Shejina, dem weiblichen Aspekt des Göttlichen. Wie Sehen und Nicht-Sehen, Berühren und Nicht-Berühren, langsames Entdecken und tiefes Sehnen ein Gefühl von Heiligkeit und Leidenschaft erschaffen: Erotik.

Erotik ist überall – doch die meisten von uns übersehen sie, weil wir sie nur in körperlichen Begegnungen suchen. Aber wir brauchen keinen Gott, um diese Energie zu spüren. Diese körperlichen Reaktionen sind nicht nur somatisch – sie verbinden uns mit Gefühl und Sehnsucht (eine abstraktere Form des Verlangens). Mangels besserer Worte nennen wir es spirituell.
In Momenten tiefer Verbindung, Intimität und Offenheit können wir eins werden.
Dieses Einssein ist heilig.
Obwohl unsere Haut eine klare Grenze zwischen mir und dir zieht, gibt es kostbare Augenblicke, in denen wir ineinander schmelzen.
Ich nenne diesen Raum erotisch – wo Intimität sich mit Sinnlichkeit verbindet, Freundschaft mit körperlichem Genuss verschmilzt, und Gefühle Berührung erzeugen, selbst ohne körperlichen Kontakt.
Kürzlich sah ich den Film Queer. Der Regisseur führt uns in unsere kollektive queere Vergangenheit – in eine monotheistische Zivilisation, die uns lehrte, entleibt zu sein. Unsere Körper galten als sündhaft, unsere Gefühle als beschämend, unser Verlangen als unrein. Ob wir nun in Sünde lebten oder versuchten, unser Begehren in Sehnsucht nach Gott zu verwandeln – wir trennten uns vom Körper.
Wir lernten, ihn zu misstrauen.
Ihn zu hassen.

In einer Szene sagt die betrunkene Hauptfigur zu seinem „Nicht-Liebhaber“:
„Ich möchte dich umarmen ohne Hände. Dich berühren ohne meinen Körper.“
Doch eine Sache überlebte: die Erotik.
Sehen ohne zu schauen.
Fühlen ohne zu berühren.
Sehnen ohne zu begehren.
Diese körperliche Reaktion auf das Unsagbare – ist das nicht göttlich?
Und jetzt, da wir Raum und Zeit zum Heilen haben, meiden viele in unserer Community diese Form von Erotik. Sie fliehen vor dem Abstrakten, erkennen Intimität nicht, wenn sie auftaucht.
Aber wir können sie kultivieren – auch mit einem Partner.
In der jüdischen Tradition gibt es viele ritualisierte Regeln zum sexuellen Zusammensein:
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Monogamie – Intimität mit einer Person, mit dem Einssein.
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Eine Phase völliger Berührungsabstinenz – damit sich das Verlangen und die Sehnsucht aufbauen können.
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Dunkelheit – sodass man einander nicht sieht. Das Geheimnisvolle ist ein wesentlicher Bestandteil der Erotik.
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Geschlechtsverkehr mit minimaler körperlicher Berührung – eine biblische Glory Hole 😊

All dies zielt auf die Vereinigung von Seelen ab, nicht bloß von Körpern.
Man muss diesen Regeln nicht folgen – aber man kann mit ihnen spielen.
Wie alle Regeln passen sie zu manchen, nicht zu allen.
Wie also kultivieren wir Erotik bewusst?
Es beginnt in uns.
Es ist bereits da.
Wir brauchen nur unsere Aufmerksamkeit, unseren Wunsch nach Verbindung, und die Sehnsucht, eins zu werden.
Deine Sexualität zu kultivieren ist eine spirituelle Praxis.
Und ich kenne keinen kraftvolleren Weg zu persönlichem und spirituellem Wachstum als die Erforschung von Freude, Lust und Erotik.