Felsen und Firmament: Die Möglichkeit einer Insel, Teil 3
Veröffentlicht May 28, 2024 - von Gerd
Der Sand hat mir ein Lied erzählt
Mit Gay Love Spirit beim Tantra-Reatreat auf Gran Canaria
Die Talentshow
Sie ist wieder da.Endlich. Bühne frei für die Lust an Selbstinszenierung und schwulen Party-Glamour! Für die Talentshow am letzten Abend im feinen Hippie-Resort EcoTara auf Gran Canaria gibt es gerademal zwei Probestunden. Die Zeit läuft, rinnt wie feiner Sand durch die Finger. Was es jetzt braucht: Menschen mit Kunstwillen und Durchsetzungsvermögen. So genannte Entscheider.
Hey sexy Yogalehrer, antreten. Im Bad bitteschön. Und jetzt stillgehalten. Flecht links, flecht rechts (-Hihi voll die dünnen Rattenzöpfchen-), Hose runter, Schottenrock rauf.
Sind da nicht noch dicke Wollsocken im Trolley, für die kühlen Abende in den Kanarischen Bergen? Für die Augen der übrigen Teilnehmer noch unsichtbar, steht Sie bereits vor mir, bereit für den ganz großen Inselauftritt: Britney Spears. Hello. It‘s Britney, Bitch!
Gemeinsam eröffnen wir den Abend. Die neue, gereifte Britney wirkt jetzt nervös, Sie trippelt von einem Bein aufs Andere, zupft an ihren gelben Zöpfen. Will es tanzen? Ach ja, die Arme darf ja nicht mal selbst entscheiden, wann Sie aufs Klo muss. Halt still, Baby, one more time.
Mein Blick bleibt an der Tagesdecke des Kingsize-Bett hängen. Unverkennbar ein im südlichen Europa häufig anzutreffendes Exemplar - mit einer Biomasse von garantiert unter einem Prozent. Die taubenblaue Improvisations-Tracht wird mir eine herrlich außerirdische Aura verleihen, denke ich selbstgefällig und drapiere die Störrische um meine Schultern.Tatsächlich: Die starre Wellenviskose flieht den Körper geradezu; ins All, ins Universum!. Wie ein Kampfstern stakse ich auf Britney zu. Die Sängerin fragt verschämt nach unserer Choreo. Häh? Ich ignoriere ihren Einwurf, erhaben und rätselhaft; als hätte mich Rei Kawabuko von Comme de Garcons höchstselbst ausgestattet. Moment mal. Bin ich nicht vielmehr ein Wiedergänger aus Oscar Schlemmers triadischen Ballett? Im Wohnbereich hängt ein fetter blauer Gymnastikball durch, den werde ich mir greifen und dann...Britney stösst mich energisch mit ihren dicken Titten an. Im Saal posaunt ‚Peaches‘ bereits die ersten Takte ihrer queeren Lektionen ins EcoTarische Dorf. It‘s Showtime!
Aller Überfluß, alle Zärtlichkeit und der tapfere Mutwille der Teilnehmer wird an diesem Abend nochmal im Schnelldurchlauf (-jeder hat maximal 10 Minuten Zeit-) Revue passieren. Die Beiträge orchestrieren die Vielseitigkeit des Erlebten: Der grelle Trash-Appetithappen wird von zart geflüsterten Mantren yogischer Philosophie abgelöst. Lärmendes Lachyoga füllt den Raum, altenglische Worstkaskaden beschwören den Geist längst verblichener Theaterheroinnen herauf. Musik. Und Fotos! Natürlich Fotos, eine Menge. Weil schöne Momente festgehalten werden wollen. Momente, Monumente und Körperformen. Solange sie fest sind. Eine Theaterimprovisation geht an Grenzen. Oder kommt das nur mir so vor? Wir, die anderen Teilnehmer sollen das Thema setzen. Wie wäre es mit etwas Sex and Crime? Klar, das geht immer. Wie Aladin aus der Wunderlampe schwebt mit dem Schauspieler Zudringlichkeit zur behaglich gruppierten Gemeinschaft. Und zack,schon klatscht ein Ledergürtel auf den Schenkel eines Teilnehmers. In den Augenwinkeln das Akteurs mache ich ein sardonisches Blitzen aus, während er noch über seine Schwiegermutter schwadroniert. Dieser unartige Gürtel, gehört er nícht neckisch um einen unschuldig weißen Hals? Für Sekunden stehen meine Gefühle dazu auf Messers Schneide. Springt gerade ein Funke echter Gewalt über? Ein Glück, dass ich nach dieser intensiven Woche weiß: Erstmal tief einatmen.Luft anhalten. Halten. Ausatmen. Es funktioniert. Die Spannung löst sich. Applaus, Applaus!Tanzen; wir tanzen!Wir sind in guter Gesellschaft. Die Sterne stimmen von draußen zu. Funkelnd. Gleichmütig.